Die Suche nach den Auserwählten

Adidas, Nike oder New Balance – Das sind die Namen der Begierde. Ständig bin ich auf der Jagd nach den seltensten Modellen. Um was es geht? Sneaker. Doch was steckt wirklich hinter einer Szene, in der sich ihre Mitglieder „Sneakerheads“ nennen?

Der Hanon x New Balance 1500 „Chosen Few“,  das Objekt der Begierde. Stundenlang sitze ich vor dem PC und durchforste das Internet auf der Suche nach ihm. Größe 42 (US 9) tippe ich in die Suchmaschine auf Ebay. Doch sie spuckt nichts aus. Enttäuschung.

Jeder Mensch hegt eine mehr oder weniger ausgeprägte Sammelleidenschaft. Meine sind Schuhe – Turnschuhe um genauer zu sein. Doch nicht irgendwelche. Wichtig ist es sich mit seinem Schuhwerk vom Einheitsbrei auf der Straße abzuheben. Selten müssen meine Sneaker sein, oder so alt, dass sie kaum noch jemand hat.

Angefangen hat alles im Jahr 2005 mit einem Nike Air Force 1 Low in komplett weiß. Damals war das der gängige Schuh unter  meinen Freunden. Vielen war es jedoch nicht wichtig, welchen Sneaker sie da tragen. Doch ich wollte ein Statement damit setzen. Als pubertärer Hip Hop begeisterter 14-Jähriger war das der einzige Schuh, der in Frage kam.

Mittlerweile hat sich daraus eine Leidenschaft entwickelt. Dank diverser Facebook-Gruppen, Ebay und Sneakermagazinen bleibe ich immer auf dem neusten Stand der Turnschuhszene. Aufmerksam verfolge ich die neuesten Releases von limitierten Modellen.

Etwas fremd sind mir die Auswüchse einiger Sneakersammler trotzdem. Man kann für Turnschuhe sehr viel Geld bezahlen. Preise von bis zu 1000€ sind keine Seltenheit für Schuhe, die in einer extrem limitierten Auflage released werden.

Mit 300€ hat der New Balance 1500 „Chosen Few“ einen vergleichsweise moderaten Preis. Es wäre trotzdem der teuerste Schuh, den ich mir je geleistet hätte – Wahrscheinlich werde ich es niemals tun. Wer hat schon 300€ für Schuhe übrig? Ich nicht!

Oft halte ich mir vor Augen, dass die Sneakerindustrie sehr gute Marketingstrategien hat. Ist man einmal in den Bann der Turnschuhe gezogen worden, ist es schwer ihm zu entkommen. Dabei basiert die gesamte „Szene“ auf reinem Konsum. Es geht ja schließlich nur um Sehen und gesehen werden. Ein Paradebeispiel des Kapitalismus.

Und dennoch fällt es mir schwer, Ideale und Moral gegen einen lange begehrten und preisgünstigen Schuh zu stellen, den ich soeben auf Ebay erblickt habe. Oft werde ich schwach, tue der Industrie etwas Gutes und kaufe ihn mir.

Letztendlich ist mir klar, dass ich mit meiner Sneakerleidenschaft genau in das Raster eines typischen Menschen in der westlichen Welt passe. Ich kann ja versuchen auf anderem Wege die Welt zu verbessern. Vielleicht studiere ich deshalb Journalismus.

Mit dieser Erkenntnis lehne ich mich zufrieden in den Bürostuhl und tippe erneut „New Balance 1500 ‚Chosen Few‘ US 9“ in die Suchmaschine von Ebay. Wieder nichts – Vielleicht auch besser so.